Seit meinem 12. Lebensjahr bin ich leidenschaftlicher Langstreckenläufer.
Ausprobiert habe ich vieles, vom Bahnlauf über Cross- und Berglauf zum Marathon ( P.B. 2:27 h ).
Auch ein Einsatz im 100 km Nationalteam 2005 hat in mir die Erkenntnis gefestigt:
" Meine wahre Stärke ist meine Vielfalt!"
Wie ich zum Laufen stehe, was es für mich bedeutet, fasst der folgende Bericht, als Kommentar zu einem
regionalen Laufwettbewerb verfasst, anschaulich zusammen.
Das Streben nach Ausgleich und Ausgewogenheit führte mich zudem zum Tai Chi und Qi Gong.
Entschleunigung und innere Einkehr sind wichtige Aspekte die ich dort finde.
Gedanken zum Schwanberglauf
Alle Jahre wieder, spätestens ab Juni, ist es vorbei mit der Einsamkeit auf dem Schwanberg, dem südlichsten Ausläufer des Steigerwaldes. Zumindest auf der Route des Laufklassikers. Die Vorbereitung für eines der populärsten Laufevents der Region hat begonnen. Viele Hobbyläufer, nicht nur aus der unmittelbaren Um-
gebung, nehmen gar nur dieses eine Mal an einer derartigen "Wettkampfveranstaltung" teil. Die Strecke von
Iphofen nach Castell besitzt Kultstatus. Dieses Phänomen lässt sich nicht einzig durch den sportlichen Aspekt erklären, sicherlich auch nicht durch den Schoppen Wein, den jeder Finisher im Ziel auf dem Casteller
Weinfest erhält.
Für mich persönlich stellt der Schwanberg etwas ganz Besonderes dar. Das liegt zum einen daran, dass ich unzählige Kilometer dort gelaufen bin, zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter, oft alleine, aber auch in der Gruppe Gleichgesinnter. Zum anderen hat dieser Berg, auf dem bereits die Kelten gelebt haben, noch eine weitere, sehr viel tiefer gehende Bedeutung. Schon in der Schulzeit bin ich von Kitzingen aufgebrochen um den Schwanberg zu umrunden, ein Unternehmen von drei Stunden.
Nicht das Training für einen Wettbewerb, nicht das Einüben des Fettstoffwechsels für den Marathon, nicht die Aussicht auf Meisterehren hatten mich dazu veranlasst. Es ist wie eine Art Ritual, Laufen am Schwanberg
bündelt diejenigen Aspekte des Laufens, die mir immer die Wichtigsten gewesen sind.
Prägend ist die Begegnung mit der Natur, die stets aufs Neue ihr Gesicht verändert. Die vielzitierte Einsamkeit
des Langstreckenläufers ist etwas Bereicherndes. Ich teilte die Strecke in Abschnitte ein und gab bestimmten Stellen Namen wie "Freiheitswiese" und "Toskanahügel", erinnere mich an gespenstisch anmutende Läufe im Nebel, bei kräftezehrendem Tiefschneee oder bei brütender Hitze, Aber ungeachtet aller Anstrengung und
Müdigkeit war und bin ich hinterher trotzdem voller Energie.
Der Berg fordert dich, gibt aber auch viel zurück!
Einem Freund, der etliche Monate in Südamerika umherzog versprach ich, immer an ihn zu denken, wenn ich meine Runde zog. Das tat ich und er kehrte unversehrt von seinem Abenteuer zurück. Wir waren uns einig.
Für uns bedeutet der Schwanberg Heimat.
Laufen ist für mich kein sinnentleertes Abspulen von Kilometern, es ist ein Erlebnis, ein "Erfahrnis", auch und in erster Linie über mich selbst, eine spannende Reise nach Innen, zum eigenen Ich.
Das mag für den einen zu philosophisch, für den anderen zu pathetisch klingen.
Meine Botschaft lautet: "Mache dich einfach auf den Weg und du wirst deinen eigenen Bezug zum Laufen
entwickeln". Die Jagd nach Zeiten und Platzierungen stellt nur eine Facette davon dar. Insbesondere das
Laufen in der Natur führt dich vielleicht auf eine andere, weitergehende Spur. Du musst sie nur wahrnehmen
und lesen können!
Laufen oder Gehen heißt sich auf den Weg machen, die Geschicke selbst in die Hand zu nehmen, eigenständig zu entscheiden.
Beim Laufen habe ich Zeit für mich, Zeit mir zu begegnen, mir nahe zu sein!